Dienstag, 28. Februar 2017

Potsdam 15

Im Schlaatz und immer wieder unterwegs .......... Ein Brief von Matthias Amme, Pate und Pastor in Potsdam vom 23. 5. 

Liebe Patinnen und Paten,
vor einer Woche haben wir eine zweite kleine Reise ins Neubaugebiet SCHLAATZ hier in Potsdam unternommen, vier unserer „Schützlinge“ haben wir mit der Bahn begleitet. 




Genauso wie beim ersten Mal hatten wir interessante Begegnungen: eine Schulklasse z.B. konnte sich nicht sattsehen und „sattfühlen“ an der Mutter. 



Die Schlaatzer sind sehr ehrlich und auch deutlich und meckern schon mal aus dem Fenster „wat dat denn soll…“, aber lassen sich auch beim Kiezgottesdienst wiederum auf Gesprächsgruppen ein: „Was macht mich im Leben stark?“, „Die Männer sind eben so wie der da vorne, manchmal ein bisschen komisch“ („der Sohn“ war gemeint). Das war sehr anregend.

Dann hatten wir in der letzten Woche auch noch eine kreative Führung einer gemischten Klasse (1.-3. Schuljahr) und eine Schulandacht mit dem Motto: „Du siehst mich“ – genau wie das Kirchentagsmotto. Wir spielten mit 120 Schülern in der Kirche das Spiel „Ich sehe was, was du nicht siehst“ – und das funktionierte prächtig.



Und nun gibt’s in der letzten Woche noch die ersehnten neuen Postkarten, die ihr mitnehmen könnt (in der Kirche), die Melanie Bavendiek aus unserem Berufsbildungswerk gestaltet hat. Danke Melanie! 
Noch bis zum 28. Ist täglich geöffnet, nur für Himmelfahrt gibt’s bis jetzt noch keinen Freiwilligen/ keine Freiwillige. Vielleicht finden wir ja noch jemanden…
Viele Grüße aus  

Matthias Amme



28. 3.

Heute morgen war eine knackige Andacht zu Mose in den Werkstätten (wir haben „den Sohn“ erst nicht gefunden… er war wieder mal im Essenraum!) 


20.3. begrüßt, beküsst und umarmt, bewundert und belacht


Aus einer E-Mail:

Liebe Mitstreiter*innen in Sachen Kunstprojekt, die Skulpturen sind immer wieder in Bewegung: Die Mutter stand einige Tage im Lehrerzimmer, sechs der sieben hölzernen Reisenden sind am Montag in die Oberlinwerkstätten gefahren und wurden dort sehr begrüßt, beküsst und umarmt, bewundert und belacht. (In den Werkstätten gibt’s sehr fitte Menschen mit mehr oder weniger Behinderungen, die sehr intensiv arbeiten und innig feiern können.)
 Am Dienstag hat es dann die Mutter bis in den Andachtsraum geschafft, am Mittwoch standen die „Musikerin“ „der Sohn“ und „die Mutter“ im Mehrzweckraum und haben vor 80 Familienangehörigen ein kleines Gespräch zum Thema „Arbeiten in einer Werkstatt“ geführt. Jetzt wandern die Skulpturen durch die Werkstatt auf der Halbinsel Hermannswerder am Rande von Potsdam.
Inzwischen hat sich die kleine „Tänzerin“ in eins der Wohnheime (hinter der Kirche) hier abgeseilt und mit uns eine wunderbare Andacht vor dem kl. Altar gestaltet: „Mirjam tanzt“. Sie hat uns angeregt mitzutanzen und ist danach zu einem ihrer Fans in die 1. Etage gerollt und ist da bis jetzt. Mal schauen, ob sie am Montag weiter will…
Also – eine bewegte Woche war das hier! 
Viele Grüße aus dem Oberlinhaus von Matthias Amme






Auszüge aus der Andacht vom 15.3.

Bei dem Bild einer Tänzerin denke ich sofort an Miriam, die Schwester von Mose und Aaron. Es ist zwar viele tausend Jahre her, die Israeliten waren gerade knapp ihren Verfolgern entkommen. Da geht die Geschichte so weiter: Die Mirjam fängt an zu tanzen – mit einer Trommel in der Hand – und viele tanzen hinter ihr her…(Lesung 2. Buch Mose15,20) und dann begann sie auch zu singen.

Ich denke daran, wenn man etwas Schwieriges hinter sich hat, dann ist jeder froh, wenn es überwunden ist. So hat die Mirjam getanzt. Und die Menschen damals haben das genauso empfunden und haben sich angeschlossen!

Miriam hat ja etwas gezeigt, mit vollem Körpereinsatz hat Miriam gezeigt: Erleichterung, Hoffnung auf Zukunft. Da sehe ich eine Verbindung zur Rehabilitation. Es ist anstrengend, und zugleich Erleichterung: Da geht noch etwas. Und Hoffnung auf Zukunft. Es gibt noch neue Möglichkeiten!








15.3. Die Mutter in der Schule






8.3.2017
Und so wandern die Skulpturen im Oberlinerhaus

Jetzt stehen "Für die Ängstlichen" und die "Für die Tragenden" im Oberliner Krankenhaus.
Genau dort wo wir uns manchmal so schwach fühlen, weil wir nicht wissen wie es weiter geht und Hilfe brauchen. Und dann unser Schicksal in andere Hände legen. 
Vertrauen lernen,
Hier kommen Texte aus der heutigen Andacht von diesem Ort.

  



Eine Inszenierung bei der Andacht - Gespräch der Skulpturen 

MA: Zwei Skulpturen: Die Ängstliche und die Tragende. 

Die Ängstliche (beschreiben): Es gibt Begegnungen, die einem Angst einflössen – auch schon vor der Begegnung selbst: Mit dem Vorgesetzten, mit einer Amtsperson… und hier in der Klinik mit dem Arzt/ der Ärztin: Wie wird er /sie mich behandeln? Wie wird mein Körper reagieren? Geht es alles wie geplant? Wer ist da, wenn ich Hilfe brauche? Diese Situation der Angst wirkt manchmal lähmend…

DKW: Die Tragende (beschreiben) Es gibt Menschen, die tragen die Hoffnung in sich: Menschen mit viel Vertrauen: Vertrauen auf ihre Kraft, ihre Erfahrung und ihr Wissen. Werdende Mütter haben so etwas in sich: Leben schenken, heißt auch Vertrauen haben. Aber auch Fachleute, die oft an Krankenbetten gestanden haben: Ärzt*innen, Pfleger, Therapeuten wissen: Es braucht Hoffnung, um gesund zu werden. Es braucht Menschen, die Mut machen.  Manchmal einfach nur dadurch, dass sie einfach da sind, am Krankenbett stehen, lächeln, die Hand nehmen, in Beziehung gehen. 

Skulpturen werden gegenüber gestellt


MA: Manchmal traue ich mir nichts mehr zu! Manchmal denke ich, das Leben wird mir zu kompliziert und ich verliere die Kontrolle, und jetzt noch ein Krankenhausaufenthalt! Kannst du mir die Angst nehmen?

DKW: Nein, die Angst kann kannst man nicht wegwischen!  Aber man kann ihr vielleicht einen Namen geben. Du kannst sagen: … ach, Angst, du heißt eigentlich „ich fürchte mich vor den Schmerzen“… - Das heißt nicht, dass dann die Angst verschwindet, sie wird da sein, aber sie wird dich nicht beherrschen. Andere werden dich hören. Du kommst vom Aushalten ins Aussprechen. Du sagst dir: „Du machst mir ganz schön zu schaffen, liebe Angst!“ Das kann dich erleichtern. 

MA: Ja, stimmt. Es ist schon gut, darüber zu sprechen und nicht alles zuzudecken. Es tut gut, so zu reden…

DKW: Ja, jeder Weg beginnt mit dem Zulassen „was ist“. Das ist erst einmal schwer auszuhalten, aber es gehört zu dir! Und dann wird nicht alles schnell vorbei gehen und du musst nicht alles gleich schaffen – du brauchst Zeit dafür! 

Liebe Ängstliche, du kannst auch deiner Hoffnung einen Namen geben. Sie kann heißen: „Du schaffst es!“ Sie kann heißen: „Ich vertraue mich den Ärzten und den Schwestern an!“

Sie kann heißen „Es wird alles gut, ich nehme alles aus Gottes Hand!“

MA: Liebe Tragende, ich sehe wirklich Du bist „Guter Hoffnung!“  danke dir für deine Worte. Die haben mir gut getan.



Skulpturen voneinander wegdrehen

DKW: Solche Situation kann jeder und jede nachfühlen. Bei jeder und jedem hat die Angst Spuren hinterlassen. Und wir brauchen Menschen die uns zeigen: Du bist nicht allein. Ich gebe dir meine Erfahrung - und mein Wissen ist für dich da.

MA: Wir brauchen Menschen, die sich zeigen. Die sagen: ich bin aus dem gleichen Holz geschnitzt, bin auch ängstlich, besorgt. Aber ich halte das mit dir aus. Ich zeige dir, dass ich so etwas wie Gottvertrauen habe. In einem alten biblischen Psalm heißt es: „GOTT, lass dein Angesicht leuchten, dann werden wir gesund“ (Psalm 80,8)

DKW: Wenn wir uns im Leben zeigen, wenn wir von uns sprechen, dann können wir die Angst überwinden, da ist Gott bei uns! Aus unseren Gesichtern lesen wir die Hoffnung, durch Hände und Arme spüren wir Hilfe, die zu uns kommt. „Sei getrost und unverzagt, fürchte dich nicht“ ist der biblische Satz  dazu. Jesus sagt auf seinen Wegen immer wieder: „Dein Glaube, dein Vertrauen hat dir geholfen!“ So konnte er seinen Weg gehen. Und so können auch wir unsere Wege gehen. Amen

28.2.2017 Lass dich vom Moment berühren


Mit diesem Motto in Herz und Kopf und den Skulpturen vor uns ziehen wir in die Stadt.

Wir dehnen die Zeit,  machen sie weit und haben jetzt viel davon, denn wir sind mit den Wartenden unterwegs.

Schon bei den ersten Schritten wird deutlich wie viele Blicke auf uns fallen. Bei dieser Kunstaktion sind auch die Paten öffentlich unterwegs. Wir gehen spontan auf die Menschen und die Orte zu, begegnen, konfrontieren uns mit Ihnen und nicht zuletzt mit uns selbst.
In der Bibliothek auf den Plätzen der Stadt, sind wir willkommen. Viele sehen uns mit offenen, neugierigen Gesichtern entgegen. Viele sehen uns aber auch nicht, sind wohl zu beschäftigt...oder haben keinen freien Raum zum Schauen.
Vor dem Landratsamt ist eine unsichtbare Grenze. Sofort ist das Aufsichtspersonal da, um die Paten mit den Skulpturen vom Platz zu verweisen. Wir dürfen nicht auf den Innenhof, wir sind nicht angemeldet mit unserer Kunst.
Herrscht hier die Angst?
Wir sind betroffen.
Wir ziehen weiter.
Kunst ist selten unpolitisch. Diese Kunstaktion kann sich nicht raus halten.









Und es passiert.

Berührung.









Auszüge aus einer Mail vom Hauptpaten:

Liebe Begleiter*innen, was für schöne Tage waren das gestern und heute: Die vielen Begegnungen zwischen uns und mit den Menschen auf den Straßen Potsdams. Sehr Inniges, Tieffühlendes stand neben Ärger und auch Schwere. Das Angesprochen-werden erlebten wir genauso wie das Angeblickt-werden, das Lächeln, das Fragen, das Berühren… schön war es auch, die Menschen zu beobachten, wie sie mit den Skulpturen „umgingen“, wenn die auf einem Platz standen, vor dem Italiener, in der Bibliothek u s w.  
Ich danke euch allen -  und jetzt auch im Namen unseres Hauses – für diese Aktion. Ihr seid Botschafter dieser Feinfühligkeit heute gewesen! Es ist nicht selbstverständlich, dass ein Haus solche Unterstützter hat!
Morgen ist die erste Passionsandacht, dann immer Mittwochs 13 Uhr an verschiedenen Orten (das stand ja sogar in den Zeitungen!). Am 9. April eröffnen wir 16 Uhr die gesamte Ausstellung in der Kirche mit noch mindestens vier weiteren Skulpturen, auch mit dem großen „Klangraumstuhl“. Für eine weitere Aktion bleibe ich gerne mit euch in Kontakt und freue mich über Ideen.
Herzliche Grüße von Matthias Amme


Ein Satz aus einem Tagebuch:
"Ich, die Tragende" wurde wundervoll durch diesen Tag getragen und es kam Beflügelung und Leichtigkeit auf, in Anbetracht der tollen Gruppe, die diese Reise der Wartenden durch Potsdam wagten."





Mittwoch

Und schon am nächsten Tag ist Matthias Amme mit Andachten und der Mutter unterwegs. Da war die Mutter erst in der Oberlinkirche und dann noch im Thusnelda-Haus.
Und so scheint die Reise aller Skulpturen weiter zu gehen. Sie wandern in den verschiedenen Häusern des Oberlinhauses.