Donnerstag, 15. August 2013

Rostock am 15.8.

Donnerstag Morgen auf dem Doberaner Platz.Hier schneiden Schienen ihre Linien in das Pflaster, laufen parallel, treffen einander, machen 'ne Biege und treiben wieder auseinander. Busse kreuzen den Weg.
Ein Platz zum Warten, sich Finden und zum Bleiben. Auch wir treffen uns immer wieder, auf dem Doberaner Platz.
Er kennt uns schon.



Wir holen alle Skulpturen von ihren Warteorten ab. Im Buchladen, bei Herzallerliebste und im Asylbewerberheim gibt es viel zu erzählen. Aber wir haben einen Termin, um 10 Uhr treffen sich alle Paten und die Skulpturen. Die Guerilla-Aktion durch die Stadt beginnt auf dem Doberaner.

Der Plan: Wir gehen ins Rathaus und besuchen die Menschen in ihren Büros.
Das Gehen mit den Sackkarren und den Skulpturen ist für mich inzwischen so selbstverständlich, dass ich mich manchmal wundere, das die anderen sich wundern.
Im Rathaus. Der Fahrstuhl in die Etage zum Bürgermeister gibt sich, als wäre er ein Labyrinth. Wir landen aber irgendwann gemeinsam in der Chefetage. Ein bisschen verloren suchen wir. Kein Mensch ist zu sehen, keine Büros zu finden. Ich rüttel an verschlossenen Türen.
Doch da steht es: Oberbürgermeister. Wir gehen alle rein. In das Sekretariat des OB, sieben Skulpturen auf sieben Sackkarren, mit ihren sieben Paten, ich  und der Kameramann.
Zwei Frauen sitzen an ihren Schreibtischen.
Ich trage unser Anliegen vor. Die nächste Reise der Wartenden wird die Grenze von Deutschland überschreiten, es geht nach Stettin. Ich möchte eine Botschaft, etwas mitnehmen, in die älteste, seit 1957 Jahren bestehende Städtepartnerschaft von Rostock.
"Der Bürgermeister ist leider nicht da, nach der Hanse Sail macht er immer Urlaub."
Was nun?
Die Idee: Wir werden Fotos machen mit den Skulpturen im Büro des OB`s.
Darf das gehen? Die Sekretärinnen sind sichtlich verwirrt. Sie klopfen ihre Fingerkuppen heiß an den Telefonen, versuchen jemanden zu finden, einen Chef, jemand, der ihnen sagt, was sie jetzt tun dürfen. Keiner ist da. Doch, der Büroleiter, gleich nebenan. Eine der Damen geht zu ihm. Gefühlte fünf Minuten knistert die Luft im Vorzimmer des Oberbürgermeisters.
Dann kommt der Büroleiter. Ein freundlicher Mann empfängt uns, hört unsere Bitte und unser Vorhaben. Die Situation ist im Schwanken.
Doch.
Er lädt uns ein.
Die Tür öffnet sich, die Schallmauer ist durchbrochen.
Wir inszenieren im Raum.
"Für die Mütter" sitzt am Schreibtisch des Oberbürgermeisters.
Am Beratungstisch finden "Für die Söhne"," Für die Töchter", "Für die Ungeduldigen" , "Für die Ängstlichen" und "Während in der wirren Glut das Gras wächst" ihren Platz.
"Für die Ungeduldigen" sitzt auf dem Platz des Pressesprechers, welch ein Zufall. Er selbst taucht gerade auf, besteigt die Stühle und macht Fotos. Er meint, die Skulptur hat den rechten Platz gewählt.

Im Büro des Oberbürgermeisters

Frauke Lietz, Patin für Rostock, mit den neuen Paten für Stettin 

Im Sitzungssaal

Der Festsaal

Der Brunnen der Lebensfreude




Mittagspause. "Die Wartenden" ruhen im Schatten der Bäume im Klostergarten. Wir, die Paten, der Kameramann und ich, drängen uns um einen Tisch, beisammen sein, uns stärken, sprechen, ausruhen vor dem nächsten Wegen. Einige Paten müssen sich wieder ihren alltäglichen Aufgaben zuwenden, andere kommen neu dazu.
Im rechten Moment ist Ali Barbara ist zu uns gestoßen, als Pate. Sie ist auch unterwegs.
Gestärkt sammeln wir uns, jeder Pate mit seiner Patenskulptur. Jetzt wollen wir jeder Figur einen neuen Raum geben, in der sie die nächsten Tage verweilen und ausstrahlen dürfen.
Aber, Ali Barbara, da ist dein großer grüner Koffer. Sackkarre mit Skulptur und Koffer? Du bist wohl eine große Verwandlerin, hast aber doch nur zwei Hände.
Wir schauen uns um, ist da jemand der helfen kann? Ein junger Mann, mit einer sorgfältig verpackten Gitarre auf dem Rücken, kommt an diesem Sonnen durchfluteten Nachmittag, die Treppe durch den Garten hinunter. Wir fragen ihn,"hast du Zeit, kannst du helfen?" Ja, er kann. Er ist Italiener, mal kurz in der Stadt.
Alle gehen wieder mal über den Boulevard, erstes Ziel, Marienkirche.
Schon wieder Pause. Ali Barbara, hat den weißen Mann gesehen, ihre Spiellust treibt sie in den Kopfstand.


Boulevard

Ali Barbara in der Wirren Glut

Ich werde ungeduldig, alle Skulpturen haben Termine. Heute noch sucht jede ihren neun Raum.Ich schnappe mir Frau Albrecht, sie ist schon den zweiten Tag mit auf unserer Reise, als Patin für die Ungeduldigen.Wir ziehen ein in die Marienkirche, sind willkommen und haben freie Platzwahl. Gemeinsam schauen wir, bis die beiden Skulpturen, "Für die Söhne" und "Für die Ungeduldige", mitten im Kirchenschiff am Gebetsgestühl wunderbar den Raum einnehmen. Inzwischen sind all die anderen auch bei uns, auch Ali Barbara. Jetzt haben wir zwei Skulpturen weniger zu transportieren. Der junge Italiener könnte weiter seinen eigenen Weg gehen. Aber er möchte bleiben. So gehen wir gemeinsam, alle bleiben an diesem Nachmittag beieinander. Wir gehen in den evangelischen Kindergarten, in die Hochschule für Musik und Theater und zuletzt fahren wir Bus, der Weg ist weit in das Arbeitsamt. Alle Skulpturen haben für die nächsten drei Tage sehr verschiedene, aber gute Plätze zum Warten gefunden.

Zu Maria Himmelfahrt in der Marienkirche


 Unser Italiener verabschiedet sich am Arbeitsamt. Aber wir treffen uns wieder. Gleich, an der Wartestelle, Bushaltestelle. Wir freuen uns, "lasst uns gemeinsam essen gehen". So ein Tag ist schön, aber auch sehr anstrengend, ich sehe es in allen Gesichtern. Nun höre ich die Geschichte von Mac dem Italiener. Seine Freundin wohnt in Berlin, sie hat sich gerade getrennt von ihm. Deshalb ist er nach Rostock gekommen. An Maria Himmelfahrt. Er sagt, er ist nicht religiös. Den ganzen Nachmittag, mit uns, hat er Maria ("Für die Tragenden") durch die Stadt gefahren. Bis sie, Maria, angekommen war, im Arbeitsamt, ist er mit Ihr geblieben.
 











Im Arbeitsamt

Die Mutter im Kindergarten

Ankunft in der HMT